top of page
  • Writer: Ulrike Nichols
    Ulrike Nichols
  • Nov 15, 2021
  • 5 min read

MeToo, Gendered speech - sowohl hör- als auch sichtbar, Rechthaberei auf allen Seiten, der Vorwurf der fehlenden Empathie bzw. die Behauptung, andere könnten gar nicht verstehen bzw. nachempfinden, was man selbst durchlebe, weil sie einen anderen Hintergrund/Geschlecht/Ethnie hätten - viel Ärger und Aufbrausen gab es in diesem Jahr. Impfbefürworter Impfleugner, Klimaaktivisten, Klimaleugner, lügende Politiker, Politiker, die plötzlich zur Unfigur ihrer Partei wurden. Ach ja, und das 2. Jahr der Pandemie.

Ich habe einige Stimmen gefunden, die versuchen dagegenzuhalten, und das Pendel, das so dewrzeit so extrem hin- und herschwingt, ein wenig auszubremsen.



Evie Wyld. The Bass Rock. (2021) - auf Deutsch "Die Frauen", übersetzt von Tanja Handels


Dieses Buch wurde als Roman über die Gewalt, die Männer Frauen antun, beschrieben, aber das greift zu kurz. Es geht um Gewalt von Männern gegen Frauen, aber auch gegen Kinder, aus denen Männer werden, deren Gefühlswelt kaputt oder gestört ist und die dann entweder zu Tätern, Beschützern oder Wracks werden.

Da ist Ruth Hamilton, die mit ihrem Mann und dessen Söhnen nach North Berwick zieht, ein harscher Ort in Schottland im Schatten des Bass Rock, der durch die Zeiten dort im Wasser zieht und das Wasser gegen sich klatschen lässt. Ruth ist einsam, der Mann nie da, die Kinder bald auf einem Internat, niemand, dem sie sich wirklich anvertrauen kann und will und ein Pfarrer, der sich übergriffig um die Belange "gefallener" Frauen sorgt. ein halbes Jahrhundert später zieht Viv, die Stiefenkelin von Ruth in dasselbe Haus, um es auszuräumen und für den Verkauf herzurichtem. Dabei stolpert sie über die Familiengeschichte, die dunklen Geheimnisse die ihr Vater und Onkel aus dem Internat in sich verschlossen haben, aber auch über Phänomene, die ihr nicht ganz geheuer sind...

Spannend geschrieben, ein Buch gegen alle Gewalt von Stärkeren Schwächeren gegenüber.



Sahra Wagenknecht. Die Selbstgerechten (2021)

Ungewöhnlich für mich, ein Manifesto einer Politikerin zu lesen. Aber im Zuge der vielen Diskussionen zum Thema Klimawandel, MeToo, gendergerechte Sprache habe ich mich verstärkt gefragt, wo der blinde Fleck in diesen Diskussionen ist. Warum werden andere Meinungen so oft vertäufelt, statt hinterfragt und diskutiert zu werden?

Sahra Wagenknecht lädt zu solchen Diskussionen ein. Sie beschreibt die Entwicklung ihrer Partei, der Linken, in Richtung Neoliberalismus und wie sie sich, ihrer Meinung nach, immer mehr von ihren Wurzeln (also der sozialdemokratischen Idee zu Diensten der Arbeiterbewegung) getrennt hat. Wagenknecht sieht einen blinden Fleck der Bundespolitik in der Arroganz derjenigen, die sich auf der "richtigen Seite" wissen und alle anders denkenden mit Kilma-/Gender- oder anderer Keule abmahnen. Das Problem ist, dass soziale Gruppen nur noch untereinander miteinander "sprechen" bzw. chatten und Leute mit anderem Hintergrund weder sehen noch hören. Die priviligierte Mittelschicht, deren Kinder nicht nur studieren, sondern auch die Mittel haben, unbezahlte Praktika zu absolvieren, können leichter von oben herab auf arbeitslose Mütter herabblicken, die bei Aldi Fleisch aus Massentierhaltung kaufen, denn sie haben finanziell die Wahl zum Bio-Bauern zu gehen. Die arbeitslosen Mütter ggf. nicht. Jene werden dann aber bald politisch abgehängt, wenn ihre Sorgen und Nöte nicht gesehen werden und keinerlei Anstalten unternommen werden zu helfen. Diese Abkehr von den sozial Benachteiligten hat weitreichende Konsequenzen - die Deutlichste war vielleicht die Quittung, die die CDU nach der letzten Bundeswahl erhalten hat.

Wagenknecht fordert, das Augenmerk auf soziale Ungerechtigkeit zu legen und nicht zu versuchen, alles gleich zu reden und zu verwischen. Auch wenn ich nicht in allen Fällen ihrer Meinung bin (und sie gibt viele Beispiele), ist das Buch bedenkenswert und die Ideen sollten definitiv besprochen werden. Dass das nicht einfach ist, überrascht nicht. Aber vielleicht sieht man am Ende ein bisschen mehr und besonders auch die eigenen blinden Flecken.


Sven Regener. Glitterschnitter (2021)

Herr Lehmann, Karl Schmidt und all die anderen verkrachten Existenzen aus dem Kreuzberg der 1980er Jahre sind zurück. Alle getrieben, alle im Selbstzweifel und voller Anklage, alle zwischen Baum und Borke, aber alle am machen: Milchkaffee mit Hingabe, Pfefferminztee mit Kondensmilch (was wie "Walsperma aussah"), eine IKEA-Musterwohnung als Kunstinstallation (aber genauso wie dort, heile Welt - H.R. wollte es "nach der Neutronenbombe" nennen), und Bands, die mit Eierschneidern oder Bohrmaschinen installationsmäßig vor sich hin radauen. Niemand ist zufrieden mit seinem Namen: Frank will nicht Fränkie genannt werden, Karl nicht Charlie, H.R. nicht Heinz Rüdiger und Flo nicht Enno. Die Österreicher in Berlin haben Heimweh nach Melange und Sachertorte und wollen eigentlich nichts mit den Piefkes zu tun haben. Aber irgendwie kennen sich alle und brauchen sich. Denken und reden pausenlos, ohne wirklich etwas von sich preiszugeben.

Ich habe das Buch als Hörbuch, gelesen vom Meister himself, genossen. Wenn so eine breite Bremer Schnute, österreichert und berlinert und zwischendurch sehr neue Worte wie Agro verwendet, um das West-Berlin der 80er zu beschreiben, ist das schon urkomisch. Danach noch Element of Crime hören und die Vergangenheit ist ganz Gegenwart.


Juli Zeh. Über Menschen. (2021)

Juli Zehs neuer Roman erschien mir fast wie eine literarische Antwort auf Sahra Wagenknechts Manifesto. Der Hauptfigur Dora geht es nicht gut. Ihr Freund hat sich dem Klimaschutz verschrieben und wirbt für ein bewussteres und umweltschonenderes Leben in seinen Artikeln, die er für eine Zeitung verfasst. Dora ist nicht grundsätzlich anderer Meinung, aber sie findet die Diskussion zu einseitig und zu vereinfachend. Sie fühlt sich in eine Ecke gedrängt, in der sie ihre Zweifel nicht einmal mehr äußern darf, weil sie sofort mit einem "Das kann jetzt nicht dein Ernst sein.", ausgehebelt werden. So verlässt die Werbetexterin Berlin und geht in Brandenburg aufs Land, wo sich ihr Nachbar mit "Tag, ich bin hier der Dorf-Nazi" vorstellt. Dora will mit Nazis, AfD-Wählern und Rassisten nichts zu tun haben, aber nun ist sie gezwungen, sich mit den Meinungen und möglichen Gründen dafür auseinanderzusetzen. Das Haus, das sie gekauft hat, war zu DDR-Zeiten ein Kindergarten. Den gibt es schon lange nicht mehr und das Haus stand lange leer. Es gibt keinen Bäcker oder anderen Laden, keine Kneipe oder Park im Dorf. Der Bus zum nächsten Einkaufszentrum fährt einmal die Stunde. Wie einfach ist es, darauf zu pochen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, wenn es welche gibt. Hier ist nichts und die Leute fühlen sich verraten und verkauft. Trotzdem oder vielleicht deshalb sind sie hilfsbereite Nachbarn. Dora spürt die Spannungen, hört und sieht, wie der "Dorf-Nazi" ein homosexuelles Pärchen vollpöbelt, weil sie Ausländer bei sich arbeiten lassen. Aber dann steht er mit Farbe in ihrem Haus und streicht alle Wände. Ob das plausibel ist, weiß ich nicht. Und auch, dass beim Nazi ein Tumor festgestellt wird, der seine Aussetzer erklärt, kann ein bisschen als Entschuldigung für seine Ansichten interpretiert werden. Dora will irgendwie weg von Ideologien und versuchen, alle anderen einfach als Menschen zu verstehen. Oder wie es einer der beiden Homosexuellen bei der Beerdigung des Nazis sagt: "Er war ein Arschloch, aber er war einer von uns."



  • Writer: Ulrike Nichols
    Ulrike Nichols
  • Jan 18, 2021
  • 3 min read

2020 ist vorüber. Das Jahr mit einer steilen Lernkurve, viel Frust, sehr vielen Spaziergängen, äußerst viel Zeit mit der Kernfamilie, viel Intensität und Nähe, aber auch lähmenden Gedanken, weil es keine Feste gab, nichts planbar war, Theater, Konzerthäuser und Galerien geschlossen waren und irgendwie alles aus eigener Kraft geschehen musste.

Ein Jahr voller Bücher, Playlisten und neuen Rezepten. 2021 hat als Jahr der Hoffnung begonnen und auch, wenn es jetzt noch nicht so aussieht, will ich doch glauben, dass es wieder bergauf geht. Und dass die Lähmung endet und es wieder mehr zu erleben, schreiben, und erzählen gibt.


Es sollen also wieder mehr Blogeinträge folgen. Dieses Mal mit einigen Büchern, die mich in den letzten12 Monaten aus sehr unterschiedlichen Gründen überrascht haben.


Lionel Shriver. The Post-Birthday World. (2015)

Ein wenig voreingenommen aufgrund von "We need to talk about Kevin" hatte ich wieder ein sehr traumatisches Thema erwartet und war angenehm überrascht, dass in diesem Buch ein "Was wäre wenn"-Szenario verfolgt wird. Wie könnte ein Leben verlaufen, wenn man in einem entscheidenden Moment ganz unterschiedlich handeln würde? Der Gedanke an den Film "Sliding Doors" liegt nahe, aber das Buch ist sehr viel cleverer und komplizierter.

Irina ist in einer Beziehung mit einem bodenständigen, vielleicht etwas langweiligen Mann, der sie liebt und mit dem sie glücklich ist. Doch dann küsst sie einen sehr gut aussehenden Snooker-Spieler an dessen Geburtstag und ihr Leben gerät auf eine ganz andere Bahn. Bzw. sie küsst ihn nicht und alles bleibt, wie es ist. Aber natürlich bleibt in "beiden" Leben nichts, wie es ist und keins der Lebensmodelle ist "besser" als das andere. Aber oi - hat Irina in der einen Version Spaß. Da wird kein Blatt vor den Mund genommen und die Erotik voll ausgelebt. In der bodenständigen Variante hat sie beruflichen Erfolg, gute Freunde und wenig Streit. Ich war begeistert und wollte unbedingt wissen, wie diese beiden Stränge zu einem Ende kommen. Auch das - sehr gekonnt...


Tara Westover. Educated. (2018)

Dieses Buch ist die autobiografische Erzählung der Kindheit und Jugend der Autorin. Aufgewachsen im ländlichen Idaho in einem Mormonenhaushalt hatte Tara keine Geburtsurkunde, da die Eltern sie niemals registrieren ließen, keine Schulbildung, weil der Vater nicht glaubte, dass in der Schule etwas Sinnvolles zu lernen sei und sie war auch nie beim Arzt, weil die Eltern meinten, man könne alles mit Pflanzen und Kräutern heilen. Egal, ob dem Bruder bei einem Unfall ein Bein zerquetscht wird, es Verbrennungen oder andere Wunden gibt - kein Arzt! Mit der Zeit wird der Vater immer fundamentalistischer, der Bruder gewalttätiger und übergriffiger und Tara widerspenstiger. Sie WILL lernen und mehr von der Welt sehen, andere Perspektiven kennenlernen und verstehen.

Der Roman beschreibt ihren Kampf, den Spagat zwischen Familie und Bildung zu schaffen, der ihr jedoch nicht gelingen kann, weil ihre Familie alle ihre Entscheidungen ablehnt, ignoriert oder bekämpft. Ein wirklich hartes Buch, bei dem mich mit am meisten erschüttert hat, dass Tara nicht vom Mittelalter sondern den 1990er und 2000er Jahren erzählt.



Amy Tan. Saving Fish from Drowning. (2006)


Ich bin ein großer Fan von Amy Tan, deren Romane meist die Schicksale von Amerikanerinnen mit chinesischen Wurzeln beschreiben. Oft ist es die Reibung zwischen den Generationen und den unterschiedlichen Kulturen, an denen sich Tan abarbeitet.

In "Saving Fish vom Drowning" dreht sie den Spieß um und schickt eine Reisegruppe reicher Amerikaner nach Burma. Der einzige Haken ist, dass die Reiseleiterin (die auch die Erzählerin des Romans ist) kurz vorher stirbt und die Gruppe mit einem schlecht informierten Ersatzreiseleiter fährt. Die Gruppe "geht verloren" und endet nach einer Reise kultureller (und sehr unterhaltsamer) Faux-Pas im Dschungel Burmas bei einem Stamm, der auf seinen Erlöser wartet, weil das Militärregime im Begriff ist, ihn auszurotten. Sehr ernste Themen wie Diktatur, Reichtum, kulturelles Erbe, Religion, Respekt, Liebe, Vertrauen und Beziehungen werden mit Humor und Ironie behandelt und obwohl die Protagonisten häufig im Schlusssprung in den Fettnapf tappen, werden sie doch mit Sympathie beschrieben und niemals lächerlich gemacht. Großartig und erfrischend.


Julie Zeh. Leere Herzen. (2017)

Im Gegensatz zu Unterleuten treibt "Leere Herzen" die Desillusion mit einer hübsch absurden Idee und viel Ironie auf die Spitze. Britta hat irgendwann den suizidgefährdeten Babak kennengelernt und sein Scheitern bei seinem Vorhaben in eine Geschäftsidee verwandelt. Nach außen hin bietet sie psychologische Betreuung an, hinter der Fassade steckt aber etwas ganz anderes. Leider bekommen Britta und Babak Trittbrettfahrer, die versuchen, die Firma auszuhebeln. Dabei geht es rasant zur Sache und irgendwann ist auch Brittas Leben nicht mehr sicher.

Ich hätte von Julie Zeh gar nicht so viel Schmiss erwartet, denn sie zieht die Idee konsequent bis zum Ende durch. Dann ist allerdings nichts mehr, wie es war und es gibt auch kein Zurück mehr in die alte Welt.








  • Writer: Ulrike Nichols
    Ulrike Nichols
  • May 5, 2019
  • 3 min read

Im letzten Monat habe ich einige Bücher von dem nie kleiner werdenden Stapel abgearbeitet: Zunächst Frankenstein, ein Klassiker, dessen Thema, über die Unmöglichkeit mit Konsequenzen zu leben, auch die anderen Bücher bestimmt. Dann The Noise of Time, ein biographischer Roman über Dimitri Shostakovitch, der das Zusammenspiel bzw. den Spagat zwischen Kunst und Macht verhandelt. Juli Zehs Unterleuten ist ein Porträt eines Dorfes im Land Brandenburg, in dem alle Einwohner an der eigenen Rechthaberei zerbrechen. Schließlich den kürzlich verfilmten Roman The Children Act über Ehrlichkeit und Treue und wie schwierig es ist, beides miteinander zu verbinden. Generelles Fazit: Alles tolle Bücher!



 

Mary Shelley. Frankenstein or the Modern Prometheus (Deutsch: Prometheus oder der moderne Prometheus, übersetzt von Christian Grawe et al.)


Den Inhalt von Frankenstein kennt ja jeder, das Buch gelesen, haben erstaunlich wenige. Viktor Frankenstein findet eine Methode, einen aus diversen Teilen zusammengestückten Menschen zum Leben zu erwecken. Dann ist er vom Ergebnis so entsetzt, dass er wegläuft und "das Monster" sich selbst überlässt. Und das Monster lernt! Sprechen, lesen, denken, fühlen. Aber aufgrund seines Aussehens erhält es keine Chance, Teil der menschlichen Gesellschaft zu werden. Und Frankenstein? Beweint seinen Drang, das Geheimnis des Lebens zu entdecken, statt sich mit den Konsequenzen auseinanderzusetzen. Das Grundproblem menschlicher Innovation. Laufen wir nicht lieber alle weg, statt uns mit unserem täglichen Handeln auseinanderzusetzen und dafür einzustehen?



Julian Barnes. The Noise of Time. (Deutsch: Der Lärm der Zeit, übersetzt von Gertraude Krueger)


Shostakovitch wurde gefeiert. Aber als Stalin nichts mit seiner Musik anfangen kann, wird er plötzlich geächtet und muss damit rechnen, deportiert zu werden. In diesem Roman geht es darum, wie Shostakovitch versucht, sich selbst gegenüber ehrlich zu bleiben, aber immer wieder in den Konflikt mit der Macht gerät und gebeugt wird/sich beugen muss, um zu überleben. Was ist Kunst, wem dient Kunst, wem "gehört" die Kunst? Ist Kunst stärker als das Regime und was oder wem nützt es, wenn Kunst überdauert, aber der Künstler getötet wird? Auch hier geht es in gewisser Weise um das Weglaufen vor Konsequenzen bzw. das Weglaufen vor sich selbst.


"Art is the whisper of history, heard above the noise of time."

"If you turned your back on irony, it curdled into sarcasm. And what good was it then? Sarcasm was irony which had lost its soul." (J. Barnes. The Noise of Time)

Juli Zeh. Unterleuten


Der idyllische Gedanke, aufs Land zu ziehen, in einer kleineren, kuschligeren Gemeinschaft zu leben und der Natur näher zu sein, wird hier gründlich zerstört, denn die Idylle ist eine Mini-Gesellschaft mit strengen hierarchischen Regeln. Aus der Perspektive jedes Dorfbewohners und jeder Dorfbewohnerin wird erzählt. Alle Motivationen und Gründe für das "Ich bin im Recht"-Gefühl treten zutage und das Geflecht wird immer dichter, Kompromisse unmöglich, sodass das Ende eine Tragödie ist und sein muss. Niemand schaut, welche Konsequenzen sein oder ihr Handeln für Andere hat. Alle sind nur auf sich bedacht, meinen aber, das Beste für alle im Sinn zu haben. Diese Blindheit macht eigentlich alle zu Frankensteinen - und auch zu Monstern.


Ian McEwan. The Children Act (Deutsch Kindeswohl, übersetzt von Werner Schmitz)


Sie ist an die 60 und Richterin im Familiengericht. Ihr Mann teilt ihr mit, dass er eine Affäre mit einer jungen Studentin haben möchte. Er möchte die Ehe nicht zerstören, aber auch nicht lügen. Obwohl sie glaubt, dass dies das Ende ist, hält sie ihn nicht zurück. Sie arbeitet, spricht Recht in komplizierten Familienfällen. Dabei lernt sie einen jungen Mann kennen, der zu den Zeugen Jehovas gehört und eine lebensnotwendige Bluttransfusion ablehnt. Da er noch nicht ganz 18 ist, muss sie entscheiden. Sie besucht ihn im Krankenhaus, rettet ihm das Leben und läuft dann vor seinen Fragen und vor ihm davon. Dieser Roman hat mich ein wenig an Schnitzlers Traumnovelle erinnert, weil hier die Frage der (Un)Treue einmal praktisch und einmal theoretisch beleuchtet wird. Konsequenzen auch hier, weglaufen auch hier. Am Ende sprechen sich Ehemann und Ehefrau jedoch aus und kommen sich wieder näher.


(P-.S. Im Film ist die Spannung des Buches leider langatmig und langweilig.)



bottom of page